Vor Beginn der russischen Spezialoperation waren russische Kläger von der Leistung einer Auländersichreheit für Klagen in Deutschland unstreitig in Deutschland befreit. An dieser Rechtslage hat sich laut überwiegender Rechtsprechung nichts geändert.
Laut Rechtsprechung des Kammergerichts Berlin, Beschluss v. 22.04.2024 – 2 U 16/22 (höchste Zivilgericht des Landes Berlin) gilt bzgl. der Prozesskostensicherheit im Verhältnis zu Russland folgendes:
Leitsatz: „Die seit 2022 geführten kriegerischen Auseinandersetzungen Russlands mit der Ukraine und die in der Folge verhängten wirtschaftlichen Sanktionen ändern nichts an der durch Art. 17 HZPÜ begründeten völkerrechtlichen Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland zum Verzicht auf die Sicherheitsleistung bei Klagen gegen in Russland ansässige Personen.(Rn.25) (Rn.26)
An dieser völkerrechtlichen Bindung ändern die seit 2022 geführten kriegerischen Auseinandersetzungen Russlands mit der Ukraine oder die infolgedessen in Kraft gesetzten Sanktionen nichts. Insbesondere bleibt die Eigenschaft der Russischen Föderation als Signatarstaat unberührt. Das Abkommen ist auch nicht ausgesetzt worden. Verpflichtungen der Signatarstaaten aus völkerrechtlichen Verträgen können nur unter engsten Voraussetzungen entfallen, wofür vorliegend nichts ersichtlich ist (Rn 25 aaO). Die von der Hague Conference on Private International Law geführte Liste verzeichnet die Russische Föderation daher auch weiterhin als Vertragsstaat (aktuell abrufbar unter https://www.hcch.net/de/instruments/conventions/status-table/?cid=33).
Ohne Erfolg thematisiert die Berufung, es sei um die Verbürgung der Gegenseitigkeit im Sinne von § 328 Abs. 1 Nr. 5 ZPO schlecht bestellt. Für die Anwendbarkeit des HZPÜ ist es ohne Bedeutung, wenn etwa kriegsähnliche Zustände die Durchführung des Abkommens erschweren, wie es in den 1980er Jahren im Libanon der Fall war (vgl. OLG Köln, Urteil vom 29. Februar 1984 – 13 U 228/83, RIW 1985, 495), oder wenn der Vertragsstaat auf Teilen seines Territoriums die Staatsgewalt nicht oder nicht vollumfänglich ausüben kann, wie etwa die Ukraine auf dem Gebiet der sog. Volksrepublik Donezk (vgl. OLG Brandenburg, Urteil vom 8. April 2016 – 11 U 44/14 -, Rn. 21 nach juris). Denn die Regelung in § 110 Abs. 2 Nr. 1 ZPO stellt gerade nicht auf die tatsächliche Durchsetzungsmöglichkeit von Kostenerstattungsansprüchen durch völkerrechtliche Abkommen, sondern auf die völkerrechtliche Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland zum Verzicht auf die Sicherheitsleistung ab (vgl. LG München I, Zwischenurteil vom 13. November 2014 – 7 O 25677/11 -, Rn. 17 nach juris).“ (Rn 27 aaO).
Auch das OLG Köln aurgumentiert und die Literatur argumentiert so (Oberlandesgericht Köln, 19 Sch 24/24): „An dieser völkerrechtlichen Bindung ändern auch aufgrund von kriegerischen Auseinandersetzungen verhängte Sanktionen oder eine faktische Nichtbeitreibbarkeit nichts. Die Regelung des § 110 Abs. 2 Nr. 1 ZPO stellt auf die völkerrechtliche Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland zum Verzicht auf die Sicherheitsleistung und nicht auf die tatsächliche Durchsetzungsmöglichkeit von Kostenerstattungsansprüchen ab (vgl. KG, Beschluss vom 22.04.2024, 2 U 16/22; Anders/Gehle/Bünnigmann. ZPO, 83. Auflage 2025, § 110 Rn. 16).